Erinnert sich noch jemand an die Formel 1 Spiele von Geoff Crammond? Hab in meiner Jugend Grand Prix 2 und 4 exzessiv gespielt. Danach gab es leider ja ewig kein ordentliches Formel 1 Rennspiel mehr und die GTRs, Gran Turismos und Forzas dieser Welt dominierten den simulationslastigeren Rennspielmarkt.
Aber das Warten hat endlich ein Ende. Habe gerade F1 2010 von Codemasters (Dirt, Grid) angespielt und bin begeistert.
Wie von Codemasters gewohnt, gibt es auch einiges neben der Rennen. Zu Beginn ist man in einer Pressekonferenz und wird nach Namen, Herkunft, bisherige Renn Erfahrungen und Erwartungen gefragt. Das bestimmt bspw. den Einstiegsschwierigkeitsgrad (kann später jederzeit geändert werden) und die Länge der Karriere. Natürlich wird man mit seinem Vornamen angesprochen (wenn man keinen exotischen gewählt hat) und bekommt einen eigenen Wohnwagen, in dem man von seiner Agentin per Sprachausgabe begrüßt wird, während draußen das normale Chaos eines Fahrerlagers zu hören ist. Sofort ist man „mitten drin“ im Geschehen.
Da ich die längste Karriere gewählt habe, bekomme ich als Neuling nur Angebote der „kleinen“ Clubs und habe mich für Virgin Racing entschieden. Entsprechend niedrig sind auch die Erwartungen und entsprechend groß ist der technische Rückstand des Wagens zu den Topteams. Aber jeder fängt mal klein an. Immerhin scheint es während der Saison immer mal wieder Verbesserungen am Wagen geben (worauf zumindest ein entsprechendes "Entwicklungen/Forschungs"-Menü hindeutet). Schnell werden die Fahrhilfen auf ein Minimum reduziert, ein passender Helm ausgewählt, auf lange Rennwochenenden (inkl. Training, Qualifying etc.) umgestellt und die Renndistanz auf 60% hochgeschraubt. Schwierigkeitsgrad habe ich für den ersten Event (Bahrain International Circuit in Sakhir) sicherheitshalber noch auf leicht belassen.
Und dann ging es auch schon ab ins erste Training. In der Box begrüßt mich mein Ingenieur per Sprachausgabe und erklärt mir grob meine Möglichkeiten. Da der Monitor vor mir die Regenwahrscheinlichkeit in der Wüste überraschender Weise auf 0% ankündigt, belasse ich es bei harten Reifen und einem Trockensetup für maximale Geschwindigkeit. Ein Wink zum Ingenieur und der Monitor wird zur Seite geschwenkt, die neuen Reifen montiert und der Wagenheber lässt mich auf den Boden. Werden aus der Box geleitet und darf auf die Strecke.
Das Fahrgefühl (natürlich in der Cockpitperspektive) stimmt sofort. Dank des Motorensound und des Force Feedback und des Verhaltens auf der Strecke, gewinnt man schnell ein Gefühl für den präzise zu lenkenden Wagen. Das Geschwindigkeitsgefühl stimmt auch. Das erste Training findet scheinbar am Morgen statt, weil mich eine strahlend helle Morgensonne begrüßt (und blendet). In den 3 Trainingssessions arbeite ich mich irgendwo ins Mittelfeld hoch, kann aber erwartungsgemäß nicht mit den Großen mithalten. Das Qualifying läuft da überraschender Weise besser. Irgendwie kitzle ich noch einige Sekunden aus dem Wagen und lande auf Platz 2.
Und dann geht das Rennen los. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen stehe ich doch auf Platz 17 in der Startreihe (hätte ich das Qualifying bis zu Ende verfolgen sollen?). Naja egal. Das Rennen startet bei klarem Himmel und strahlender Sonne. Das Startchaos verlangt einiges an Konzentration ab. Wenn ich Unfälle verursache oder zu rabiat fahre gibts heftige Strafen (im schlimmsten Fall die Disqualifikation). Meine übliche „Gegner in Kurven rausschubsen“-Taktik muss ich also fallen lassen. Genauso heißt es auf der Strecke bleiben (da auch Abkürzen bestraft wird) sowie auf die Flaggensignale achten.
Ich arbeite mich Schritt für Schritt nach vorne. Das ganze ist ein echtes Gedulds- und Konzentrationsspiel im Pulk der Fahrer. Es entstehen echte Nervenduelle mit der KI. Durch den Boxenfunk (der auch meinen Namen aussprechen kann) ist man nie alleine und bekommt wertvolle Hinweise (z.B. wenn der Motor Probleme macht und man eine Weile die hohen Drehzahlbereiche meiden soll) sowie Lob und Tadel für seine Aktionen. Während des Rennens beginnt der Himmel zuzuziehen. Es wird diesig (geil wie sich die Licht- und Wetterstimmung ändert). Dank spätem Boxenstopp kann ich mich ziemlich weit nach vorne arbeiten und vorher aus dem Hauptfeld befreien, was dank freier Fahrt bessere Rundenzeiten nach sich zieht. Gott sei dank gibt es einige wenige Rückspulmöglichkeiten um Ausflüge ins Kiesbett ungeschehen zu machen.
Bei 30 Runden sind die 4 Versuche aber schnell aufgebraucht. Am Ende kämpfe ich ohne Rückspulmöglichkeit hartnäckig mit Webber und Hamilton um die Pole Position und ziehe in einer nebligen Kurve in der letzten Runde tatsächlich vorbei. Der Typ vom Boxenfunk flippt endgültig aus, nachdem er mir schon während des Rennens mehrmals fassungslos versichert hat, dass diese Leistung niemand erwartet hat. Entsprechend euphorisch werde ich auch in der Pressekonferenz begrüßt und darf noch schnell einige Fragen beantworten, bevor ich mich erschöpft verkrümle und drüber nachdenke, den Schwierigkeitsgrad doch etwas nach oben zu stellen.
Und noch zwei Trailer:
http://youtube.com/watch?v=CYb-UaGaHRchttp://youtube.com/watch?v=9F29t4tZAp8Ich will nie wieder ohne dynamisches Wettersystem spielen... Das ist so genial, wenn sich die Lichtstimmung und das Wetter langsam während eines Rennens verändern und man aus einer Nebelbank die Kurve den Berg hoch plötzlich in die blendende Sonne fährt. Regen hatte ich noch nicht, soll aber eines der Highlights des Spiels sein (siehe Screenshots).
Codemasters typisch ist man "Mitten im Geschehen". Das Fahrgefühl ist gefühlt perfekt und so ein 30 Rundenrennen kratzt erheblich am Nervenkostüm, da rabiates Anrempeln und Abkürzen gnadenlos bestraft wird. Umso schöner wenn man im „Flow“ ist und ein Rhythmus für die Strecke und das Auto findet und immer intuitiver reagieren kann.
Endlich wieder ein tolles F1 Spiel (noch dazu auf PC, PS3 und XBox360 verfügbar). Kann ich jedem nur empfehlen... Lenkrad ist natürlich Pflicht
