Entgegen meiner ursprünglichen Skepsis ist es wohl leider doch das (Rollen)Spiel des Jahres.
Leider? Mensch, freu dich doch einfach!
Habe nun selbst an die zwanzig bis dreißig Stunden in Ferelden verbracht und bin vom Spiel vollends überzeugt. Die Story, die Schauplätze, die Charaktere und Dialoge sind mit so viel Liebe zum Detail gestaltet worden, dass man schon nach kurzer Zeit einfach nur weiterspielen
muss. Wie mit einem wirklich guten Buch will man auch Dragon Age erst dann zur Seite packen, wenn man endlich das Ende der Geschichte erreicht hat. Die Party-Mitglieder wachsen einem dabei zusehends ans Herz mit ihren ständigen Kommentaren, Querelen und Hintergrundstories (und -quests). Den Autoren des Spiels würde ich auf jeden Fall mal gerne anerkennend auf die Schulter klopfen, denn die haben die Welt von Dragon Age erst so richtig zum Leben erweckt.
meine Elfen-Magierin im Gesprächdramatisches in-die-Ferne-schauenDas Gameplay ist stark an Klassiker wie Baldur's Gate oder Neverwinter Nights angelehnt: strategische Kämpfe mit mehreren Gruppenmitgliedern, MMO-typischer Fertigkeitenleiste und eben jederzeit pausierbar. Davor hatte ich im Vorfeld eigentlich noch am meisten Angst, weil ich mich schon bei Baldur's Gate II stets immer etwas überfordert gefühlt hatte - alle Party-Mitglieder und ihre scheinbar endlosen Fertigkeiten effektiv einzusetzen war keine leichte Aufgabe, wenn man nicht genau über alle Feinheiten des Regelsystems Bescheid wusste. Dragon Age setzt hier glücklicherweise auf ein eigenes, an D&D nur noch grob angelehntes Regelsystem. Das ist nicht mehr ganz so komplex und einsteigerfeindlich, sorgt aber trotzdem für mehr als genügend Freiraum für Rollenspielveteranen.
in der Hitze des Gefechts, Seite an Seite...Metall brennt vielleicht nicht, aber heiß wird es trotzdemDie Kämpfe laufen dabei sehr flüssig, sind besonders für Magier sehr effektreich in Szene gesetzt und die Kameraden benötigen dank umfangreicher Einstellmöglichkeiten nicht sooo viel manuelle Intervention. Den Schwierigkeitsgrad habe ich bisher als sehr ausgewogen empfunden. Mit Mana und Stamina muss mitunter sehr genau gehaushaltet werden, um nicht mitten im Kampf überrannt zu werden. Fertigkeiten zum Einfrieren oder kurzfristigen Betäuben sind ausgesprochen wichtig und Flächenzauber müssen stets mit Bedacht eingesetzt werden, um nicht die eigenen Gruppenmitglieder gleich mit zu rösten. Insbesondere "Bosskämpfe" können mitunter recht knackig sein, sind aber nie frustrierend genug, um gleich das Handtuch werfen zu wollen.
Madame trägt heute lilaeine kleine Arbeitspause hat noch nie geschadetÜber die Grafik kann man nun wirklich streiten. Während Dragon Age gegenüber einem gemoddeten Crysis oder dem PS3-heimischen Uncharted 2 sicher nicht das Wasser reichen kann, so sind die meisten Locations doch mit einem geschulten Auge für Fantasy-Ästhethik entworfen wurden. Düstere Burgen auf nebelverhangenen Gipfeln, vom Mondlicht geflutete jahrtausendealte Ruinen oder die majestätischen Hallen im Magierturm. Da wird geschickt mit mehr oder weniger dezenten Effekten gespielt, um von den manchmal doch recht verwaschenen Texturen oder der nicht ganz konkurrenzfähigen Polygonzahl abzulenken... was meistens gut gelingt. Insbesondere die Charaktermodelle und ihre Rüstungen wirken angenehm detailliert und werden in den zahlreichen Dialogen von hübschen Animationen in Szene gesetzt.
Angemessen gekleidet für die Kirche?... du hast da was Rotes ...Für mich schon mal klar das Spiel des Jahres, wenn keine großen Überraschungen mehr erscheinen sollten. Mit einer Spielzeit von mindestens 60 Stunden und dem gerade veröffentlichen Toolset, das mit Hilfe der Modding-Community hoffentlich noch für viele weitere Stunden Spielspaß sorgen wird, kriegt man hier wirklich viel für's investierte Geld. Für Fans toller Fantasy-Stories und klassischer Rollenspiele führt eigentlich kein Weg an Dragon Age vorbei.