79.Panzergrenadierregiment

Autor Thema: Deadly Premonition  (Gelesen 1583 mal)

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Arparso

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Deadly Premonition
« am: 17. März 2011, 18:49:05 »
(Playstation 3, Xbox 360)

Eine Kleinstadt irgendwo in den USA, deren Idylle jäh von dem abscheulichen Ritual-Mord an der lokalen Dorfschönheit zerstört wird, sucht händeringend nach Antworten: Wer ist fähig zu solch einer Tat? Warum musste Anna Graham sterben? Und warum wurde der Leichnam so kunstvoll hergerichtet im Wald abgelegt?

Fragen, denen sich nun FBI-Profiler Francis York Morgan - oder kurz "York", wie ihn jeder nennt - annehmen möchte, sehr zum Missfallen des örtlichen Sherriff-Büros. Mit widerwilliger Unterstützung der lokalen Behörden muss York nun den Tatort untersuchen, Zeugen befragen und den Spuren nachgehen, die sich ihm bieten, um schließlich dem Täter auf die Spur zu kommen, die Verbindung zu anderen ungeklärten Mordfällen im Land aufzudecken und unerwartet sogar seine eigene Vergangenheit neu aufzuarbeiten.

Was sich nach einer relativ gewöhnlichen Kriminalstory anhört, entpuppt sich schon in den ersten Minuten des Intros als merkwürdiger Trip ins Übernatürliche und Befremdliche, begleitet von ständigen direkten und indirekten Anspielungen und Homagen an kultige Mystery-Serien wie Twin Peaks und X-Files. Hauptverantwortlich ist dafür vor allem FBI-Ermittler York: dieser hat nicht nur seltsame Träume, die selbst David Lynch stolz machen würden, liest die Zukunft aus der Sahne in seinem Kaffee und bekämpft in einer seltsamen Parrallelwelt gequälte Seelen von Verstorbenen, sondern unterhält sich auch ständig mit seinem imaginären Freund Zach (quasi dem Spieler). Dass das nicht nur zum Brechen der "4th Wall" dient, weiß man spätestens nach der ersten verwirrten Frage eines Mitstreiters, wer denn dieser Zach ist, mit dem York ständig redet.





Auch die Bewohner des kleinen Städtchens Greenvale haben so ihre Eigenarten, seien es nun der unheimliche Friedhofswärter, der exzentrische Geschäftsmann, der nie ohne Gasmaske das Haus verlässt oder der Femme Fatalé, die eine kleine Kunstgalerie im Ort führt. Das allzu beschauliche Kleinstadt-Idyll entpuppt sich schon bald als brüchige Fassade, wenn die ersten Geheimnisse im Laufe der Ermittlungen ans Licht kommen und York der Wahrheit Schritt für Schritt näher kommt.

Das Gameplay ist irgendwo eine Mischung aus Alan Wake, Heavy Rain und GTA. Die Spielwelt ist frei begehbar und es winken diverse Nebenmissionen und Gespräche sowie anderer Zeitvertreib neben der eigentlichen Story. Aufgelockert wird das eher adventure- und dialoglastige Gameplay von mehr oder minder regelmäßigen Actionsequenzen in oben erwähnter Parrallelwelt, die neben einer durchaus gruseligen Atmosphäre vor allem viele anspruchslose Kämpfe gegen die immer gleichen Gegnertypen bietet. Wirklich richtig ausgefeilt ist keine dieser Spielmechaniken und man merkt dem Titel den Low-Budget-Charakter an - nicht nur an Grafik und Sound.





Warum Deadly Premonition neben übler Verrisse dann aber doch von einigen als Game Of The Year gehandelt wird, sind die spannend inszenierte und nie recht vorhersehbare Story und die faszinierenden Charaktere, die manchmal nur skurril, oft aber schlicht mit so vielen persönlichen Details und Facetten gezeichnet werden, dass sie einem bald ans Herz gewachsen sind. Die Identifizierung mit dem seltsamen York und seinem imaginären Freund funktioniert schon nach wenigen Minuten ausgezeichnet und die Chemie mit seinen anfangs noch widerwilligen Mitstreitern motiviert zum Weiterspielen. Man will eben auch selbst das Geheimnis lüften und fiebert und leidet zusammen mit den Protagonisten bis hin zum emotionalen Ende. Auf dieser Ebene funktioniert Deadly Premonition ausgezeichnet und überflügelt mühelos die meisten, vergleichsweise geradezu seelenlosen Top-Titel, die sonst die Charts anführen.

Das ist auch der Grund, warum Deadly Premonition trotz der Technik auf PS2-Niveau, trotz der Unzulänglichkeiten in Sachen Steuerung und Interface wie z.B. der ungenauen Fahrzeugsteuerung oder der mangelnden Zoomfähigkeiten der Karte und trotz der wenig ausgefeilten Survival-Horror-Einlagen eine echte Spielempfehlung wert ist. In seiner Einzigartigkeit, den liebevoll gezeichneten Charakteren und der spannenden Story ist Deadly Premonition trotz Low-Budget-Produktion nämlich ein echter Geheimtipp geworden...

... und Fans von Twin Peaks können erst Recht bedenkenlos zugreifen ;)



« Letzte Änderung: 17. März 2011, 18:51:38 von Arparso »